Prozesskostenhilfe

Bedürftige Personen erhalten im außergerichtlichen Bereich Beratungshilfe. Die Prozesskostenhilfe übernimmt dagegen die Kosten für den Rechtsanwalt und das Gericht im gerichtlichen Verfahren. Doch welche Kosten werden genau, in welcher Höhe und unter welchen Voraussetzungen übernommen?

I. Wer erhält Prozesskostenhilfe?

Wer die Kosten des Rechtsstreits nicht aufbringen kann, zählt als bedürftige Person und erhält Prozesskostenhilfe, wenn im Rechtsstreit eine ,,hinreichende Aussicht auf Erfolg“ gegeben ist und keine Mutwilligkeit besteht.


II. Wer ist eine bedürftige Person?

Zur Bestimmung der Bedürftigkeit wird das einzusetzende Einkommen und Vermögen herangezogen. Liegt das einzusetzende Einkommen unter 20 € und können die Kosten auch nicht durch das Vermögen getragen werden, liegt auf jeden Fall eine Bedürftigkeit vor. Aber auch über der 20 € - Grenze wird Prozesskostenhilfe gewährt, wenn die Kosten des Rechtsstreits nicht aufgebracht werden können (siehe dazu VI).

1.) Sozialhilfe- und Bürgergeldempfänger

Für Sozialhilfe- und Bürgergeldempfänger wird Bedürftigkeit vermutet. Das heißt, ihnen wird eine Prozesskostenhilfe in der Regel gewährt.

2.) Rechtschutzversicherung oder Mitgliedschaft im Mieterverein, einer Gewerkschaft oder einem Sozialverband

Übernimmt die Rechtschutzversicherung oder ein Mieterverein, eine Gewerkschaft oder ein Sozialverband die Prozesskosten, ist Prozesskostenhilfe in der Regel ausgeschlossen.

3.) Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner

Muss ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner aufgrund gesetzlicher Unterhaltspflicht für die Kosten aufkommen, entfällt ebenfalls der Anspruch auf die Prozesskostenhilfe.

III. Wie wird das einzusetzende Einkommen bestimmt?

Zur Bestimmung des einzusetzenden Einkommens werden

1.) von dem gesamten Bruttoeinkommen: aus Lohn, Vermietung, Rente, Sozialleistungen, etc.

2.) folgende Beträge abgezogen:

a) Steuern, Vorsorgeaufwendungen (z. B. Sozialversicherung, angemessene private Versicherungen) und Werbungskosten

b) Wohnkosten: Mietvertrag, Stromkosten, Heizkosten

c) Freibeträge (Stand: 01. Januar 2023):

  • ein Freibetrag von 552 €

  • ein weiterer Freibetrag von 552 € für den Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner, vermindert um dessen eigenes Einkommen

  • Freibeträge für unterhaltsberechtigte Kinder abhängig vom Alter: 442 € - 350 €. Auch dieser Freibetrag vermindert sich um deren eigenes Einkommen.

  • zusätzlicher Freibetrag von 251 € für Erwerbstätigkeit

IV. Welche Vermögenswerte müssen nicht eingesetzt werden?

Vermögenswerte, die einer angemessenen Lebensgrundlage oder einer angemessenen Vorsorge dienen oder sonstige Werte, deren Einsatz nicht zugemutet werden kann, können nicht zur Kostendeckung verlangt werden.

Beispiele:

- ein selbst genutztes angemessenes Hausgrundstück,

- ein angemessenes für die Arbeit benötigtes Auto,

- Riester-Rente,

- Barbeträge und Geldwerte (Stand März 2023: bis zu 10.000 Euro zzgl. 500 Euro für jede unterhaltene Person)

- und sonstige Fälle, in denen Unzumutbarkeit angenommen wird: z.B. Geld aus einer Schmerzensgeldforderung

V. Was wird übernommen?

Die Gerichtskosten und die eigenen Anwaltskosten werden übernommen.

VI. In welcher Höhe werden die Kosten übernommen?

Wer ein einzusetzendes Einkommen von weniger als 20 € hat, wird komplett von den Kosten befreit und muss gar nichts zahlen.

Über diesem Wert besteht eine Ratenzahlungsverpflichtung von bis zu 48 Monaten.

Dabei ist jeden Monat die Hälfte des einzusetzenden Einkommens fällig. Alles, was darüber hinaus geht, wird erlassen. Beispiel: Beträgt bei 6.000 € Prozesskosten das einzusetzende Einkommen 60 €, ist die Hälfte des einzusetzenden Einkommens 30 €. Diese ergeben bei einer Dauer von 48 Monaten 1440 €. Die übrigen 4660 € werden dem Bedürftigen nicht auferlegt.

VII. Entstehen andere Kosten?

Wird der Prozess gewonnen, werden aus dem erhaltenen Geld zunächst die Prozesskosten beglichen.

Wird das Verfahren verloren, muss der Antragssteller die Anwaltskosten der Gegnerseite übernehmen. Dies gilt aber nicht im Arbeitsgerichtsverfahren. Im Arbeitsgerichtsverfahren erster Instanz zahlt jeder nur seinen eigenen Anwalt, unabhängig davon, wer gewinnt. So entstehen keine zusätzlichen Kosten aus einem verlorenen Prozess.

VIII. Wie lange kann das Gericht die übernommenen Kosten zurückverlangen?

Das Gericht kann bei Veränderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen noch 4 Jahre nach der Beendigung des Prozesses seine Entscheidung über die Prozesskostenhilfe anpassen. Deshalb besteht in diesen 4 Jahren eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Gericht, wenn sich das Bruttoeinkommen um 100 € erhöht oder sich eine Entlastung von 100 € ergibt.

Es kann dadurch eine ursprünglich entschiedene vollständige Befreiung zu einer Ratenzahlungsverpflichtung umgeändert werden.

Allerdings gilt es auch umgekehrt. Wenn das Einkommen sinkt oder zusätzliche Belastungen entstehen, kann die Ratenzahlungsverpflichtung vermindert oder zu einer Befreiung werden.

IX. Wie wird Prozesskostenhilfe beantragt?

Die Prozesskostenhilfe wird beim zuständigen Gericht beantragt. Der Antrag besteht aus zwei Teilen.

1.) Antrag mit Sachverhaltsschilderung

Aus einem Antrag, in dem der Streitfall ausführlich und umfassend geschildert wird und die Beweismittel angegeben werden, muss sich eine ,,hinreichende Aussicht auf Erfolg“ ergeben.

Da hier die Vollständigkeit sehr wichtig ist, ist es sinnvoll den Antrag vom Anwalt erstellen zu lassen.

Zudem darf der Rechtsstreit nicht mutwillig sein. Als mutwillig gilt dieser, wenn anzunehmen ist, dass der Antragsstellende von der Klage absehen würde, wenn er die Kosten selbst tragen müsste.

2.) Formular: Erklärung über persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse

Damit das Gericht überprüfen kann, ob der Antragssteller bedürftig ist, muss zum Antrag eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt werden. Dazu ist ein Formular auszufüllen. Es sind dabei folgende Unterlagen erforderlich:

- Personalausweis

- Einkommensnachweise (Sozialhilfe-Bescheid, Bürgergeld-Bescheid, Rentenbescheid, Lohnabrechnungen, Miete, Kapitalerträge etc.)

- Unterlagen über Vermögen: Grundeigentum, Kraftfahrzeuge, Bargeld oder Vermögenswerte

- Nachweis über monatliche Zahlungsverpflichtungen: Mietvertrag, Stromkosten, Heizkoten, Unterhaltsgewährung, Schulden etc.

- Kontoauszüge der letzten drei Monate

- Ablehnungsbescheid: erforderlich, wenn Sie Rechtschutz haben oder einer Organisation wie einer Gewerkschaft angehören, die Rechtschutz gewährt

Entsprechend werden die gleichen Dokumente auch vom Ehegatten oder dem eingetragenen Lebenspartner erwartet.